Den solidarischen Nationalstaat erkämpfen.

Notwendige Anmerkungen zu einer Positionsbestimmung von Marvin T.Neumann:

Am 19.Mai erschien auf der Netzseite des lesenswerten Konflikt-Magazins ein Gastbeitrag des jüngst von seinem Amt zurückgetretenen JA-Vorsitzenden Marvin T. Neumann mit dem Titel „Wo steht die Neue Rechte?“ Inhaltlich betreibt er in diesem eine Abgleichung von dem, was er unter „neurechts“ versteht, mit Positionen der „Retro-Linken“ (wie er das Meinungsspektrum um Sahra Wagenknecht benennt) und liberalen bzw. libertären Ansichten. Im Großen und Ganzen teilen wir seine Standortbestimmung, sind aber der Meinung, dass es einiger Ergänzungen und Zuspitzungen bedarf, weshalb wir im Nachfolgenden seinen Text kommentiert wiedergeben werden.

Wo steht die Neue Rechte?

Standorte

Eine grundlegende Bestimmung lässt sich vorab treffen: Wer Rechter ist, wählt den steinigen Weg. Der Rechte ist heute reiner Dissident, Staatsfeind par excellence, Rebell gegen den linksliberalen Zeitgeist und seinen Staatskultus. Diese Eigenschaften zeichnen ihn als den Ketzer der Postmoderne aus – und für die Herrschenden zugleich als Karikatur des Bösen und Sündenbock für den gesellschaftlichen Niedergang: In einer Zeit der allgemeinen Beliebigkeit erhebt er einen Anspruch auf normative Werte – entgegen dem Paradigma des Anything Goes wagt er es, das Widerliche zu verachten. Er bricht, in den Worten Armin Mohlers, mit dem zentralen Dogma der gegenwärtigen Epoche: Mit der »Tabuisierung der Wirklichkeit«.

Genau darin liegt das Potenzial der Rechten: Wir sind die Revolutionäre des 21. Jahrhunderts. Der »kapitalistische Realismus« (Mark Fisher) forciert die Aufgabe von Heimat, Familie und Tradition zugunsten der freien Wahl der Identitäten auf dem Markt der Konsummöglichkeiten. Mangels neuer Absatzmärkte wächst der Kapitalismus nurmehr durch Transgression aller Grenzen – transnational, transsexuell, transhuman. Das Resultat ist eine globalistische Hegemonie, wie sie die Geschichte noch nicht gesehen hat. Gegen diese alternativlose Regenbogendystopie rebellieren wir. Wir sind das Anti-Establishment schlechthin.

Dazu: Es ist korrekt, dass der „kapitalistische Realismus“ die Aufgabe alles Traditonellem und Überliefertem forciert, ja forcieren muss. In seinem blindem, nur dem abstraktem Wert verpflichtetem Vorwärtsstürmen reißt er bislang Vertrautes nieder und schafft neue Realitäten, denen sich die Insassen dieses Systems zwangsweise ausgesetzt sehen. „Den Rechten“ aber, der sich dieser Entwicklung per se entgegenstellt, gibt es hingegen so nicht. Das rechte politische Lager ist tief gespalten in zwei unterschiedliche Denkrichtungen, wie Neumann später selbst im Artikel richtig herausarbeitet: dort das den Markt bejahende liberale Lager (tonangebende Mehrheit) und hier eine antikapitalistische Strömung. Allein die Angehörigen letztere könnten sich als die „Revolutionäre des 21. Jahrhunderts“ bezeichnen, während erstere nur verkürzt die Auswirkungen des Systems kritisieren und dafür verantwortliche Urheber bemühen und benennen müssen, die ein ansonsten, also in ihrer Denkweise, vernünftiges System „pervertieren“: 68er, Juden, Kollektivisten usw.

Somit sind wir Rechten der Form nach all das, was die Linke einst für sich beanspruchte und was sie heute nur noch als Farce aufführt. Mag unser Weg auch steinig sein – der Weg der Linken ist leicht, aber aussichtslos. Sie besteht nur noch, um die Interessen der Globalisten auf sozialer und kultureller Ebene durchzusetzen. Linke sind heute Knechte der herrschenden Macht, ihr einstiges kritisches Potenzial ist völlig fehlgeleitet: »Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat« tönt es aus den vereinten Mündern linker Aktivisten und der Wall Street.

Wir sehen, dass die Neue Rechte formelle Überschneidungen zum alten Mythos der Linken aufweist: Rebellion, Kampf gegen das Establishment, Aufbau einer Gegenelite. Inhaltlich jedoch hören die Differenzen an dem Punkt auf, wo die Linke ihre alten scheinbaren Kernanliegen aufgegeben hat: Die Verbesserung der materiellen Lage des Volkes, die Hinterfragung bürgerlicher Machtverhältnisse und die Kritik kapitalistischer Prozesse. All dies schien einmal das Wesen der Linken auszumachen, doch heute sehen wir: Die Linke kann diese Anliegen auch komplett vergessen und dennoch weiter existieren. Man kann sogar sagen: Je mehr die Linke solche realitätsbezogenen Begriffe gegen postmoderne Hirngespinste eintauschte, desto stärker wurde ihr metapolitischer Einfluss.

Dazu: Korrekt.

Das woke Gefängnis

Ein Retro-Linker, der an Begriffen wie Volk, Vermögensverteilung und Kapitalismuskritik festhält, steckt in einer tragischen Situation ohne Aussichten. Sein Anspruch und Mythos, für eine bessere Welt zu kämpfen, dient längst als Vehikel für bürgerliche Moralisten, die ihren Lebenslauf mit Aktivismus aufbessern, sowie für Konzerne, welche an diesen Moralismus anknüpfen um ihren Profit und ihr Image zu optimieren. Und selbst wenn der Retro-Linke darüber noch hinwegsehen könnte, muss ihm doch gänzlich der Mut verlassen, wenn er sieht, dass globale Akteure und Geheimdienste längst linke Ideologien und Bewegungen als kulturelle Waffen einsetzen, um geopolitische Gegner zu brechen. Bei jeder progressiven Graswurzelbewegung und Farbrevolte kann er sicher sein: Dahinter stecken Akteure und Finanziers aus New York, London und Davos. Die linken Aktivisten von heute sind Fußvolk für Investmentbanken und amerikanischen Imperialismus.

Will ein Retro-Linker an alte Traditionen anknüpfen und soziale Gerechtigkeit thematisieren, wird er mit Transgender-Ideologie und no border-Wahnsinn übertönt. Formuliert er eine analytische Kapitalismuskritik, jubelt man ihm das Narrativ des alten weißen Mannes und der unterdrückten PoC unter. Möchte er wenigstens symbolisch die Traditionen der europäischen Arbeiterbewegung aufleben und rote Fahnen wehen lassen, werden daneben allerhand Pride-Flaggen gehisst. Der progressive Neoliberalismus der Neuen Linken fängt ihn ein und kooptiert alle seine Anliegen.

In diesem Dilemma steckt auch Sahra Wagenknecht, eine der letzten prominenten Retro-Linken. Mit ihrem letzten Buch hat sie sich bereits so weit aus dem Fenster des woken linken Diskurses gelehnt, dass es nicht mehr weiter geht: Sie kritisiert den hegemonialen Linksliberalismus, sie prangert den Minoritätsfetisch und die Entfremdung der deutschen Mehrheitsbevölkerung an, sie fordert verstärkten Fokus auf die klassischen wirtschafts- und sozialpolitischen Themen des Linkspopulismus.

Damit hat Sahra Wagenknecht die Grenzen des linken Diskurses ausgereizt. Dies sagt einiges über das Wesen der Linken aus: Wer sich heute auf ihre vermeintlichen Kernthemen von gestern beziehen will, stellt sich damit schon außerhalb ihres Rahmens – mit einem Fokus Kapitalismuskritik und Sozialpolitik lehnt man sich dort schon sehr weit aus dem Fenster. Doch weiter kann Sahra Wagenknecht nicht gehen, denn ihr realistischer Blick auf diese Themen würde sie im nächsten Schritt unweigerlich zu explizit rechten Standpunkten führen: Identität, Heimat, ein Streben nach Höherem. Ein Ausbruch aus dem woken Gefängnis führt also zur Rechten – oder er führt nirgendwo hin.

Dazu: Korrekte Beschreibung der aktuellen Situation und des Dilemmas in dem Leute wie Wagenknecht, aber auch Stegemann und di Masi stecken. Jedoch kann der Weg von traditionellen Linken nicht hin zur Rechten führen, weil diese (siehe oben) in ihrer Mehrheit Marktliberale sind. Neumann verwechselt hier seine eigene politische Position und jene einer Minderheit des nationalen Lagers mit der Mehrheitsüberzeugung, die derzeit leider bestimmend ist. Sein Hinausdrängen aus Amt und Partei dürfte weniger (eh nur) entkontextualisierten Zitaten über Zuwanderung und Staatsbürgerrechten geschuldet sein, als der prophylaktischen Entledigung eines Vertreters einer Denkrichtung, die der Parteimehrheit nicht passt und der wirtschaftsliberalen Ausrichtung zukünftig gefährlich werden könnte.

Liberale und Libertäre

Wir sehen: Das kapitalistische System kann gegenwärtig nur von rechts konsequent kritisiert werden. Doch gibt es zugleich im rechten Lager natürlich auch diejenigen, die eine solche Kritik zurückweisen würden. Dies führt uns zu einer dritten Bestimmung der Neuen Rechten – neben den formellen und inhaltlichen Abgrenzungen zur Linken lässt sich auch eine Abgrenzung gegenüber dem liberalen Spektrum formulieren:

Da gibt es einerseits diejenigen, die sozial- und kulturpolitisch absolut illiberal und konservativ eingestellt sind, bei den Macht- und Ökonomieverhältnissen hingegen das Primat von Markt & Profit über das Schicksal der Nation entscheiden lassen wollen. Diese selbst erklärten Wirtschaftsliberalen halten Kapitalismuskritik (wie die Retro-Linken) für ein exklusives Merkmal der Linken und lehnen sie daher ab. Schließlich identifizieren sie das herrschende westliche System ohnehin nicht als Kapitalismus – als Beleg dafür gelten ihnen die Staatsquote, die EU-Regulierungen, die grassierende Lockdown-Unfreiheit, Cancel Culture und die linke Dominanz an den Akademien und Medienanstalten. Weil die kapitalistische Realität anders aussieht als in den Vorstellungen John Lockes und Friedrich Hayeks, kann die geballte Macht des Weltwirtschaftsforums, der Großkonzerne, Banken und Lobbyisten auch kein Ergebnis der globalen Marktwirtschaft sein – nicht die Herrschaft der Kapitaleliten, sondern eine Spielart des »Sozialismus«.

Dazu: Es gibt im „neurechten“ Lager nicht wenige, die genau diesen fehlgeleiteten Gedanken anhängen. Wir wollen an dieser Stelle jetzt nicht so weit ausholen und zum wiederholten Male erläutern, warum wir das gänzlich anders sehen (https://aufbruch-erneuerung.org/2020/05/22/liberale-die-ihr-eigenes-system-nicht-verstehen/), sondern sehen die Gefahr, dass Neumann hier wieder seine Einstellung auf das gesamte (neu)rechte Lager projiziert. Gefahr deswegen, weil eine Standortbestimmung immer auch ein Auftakt sein kann, sein sollte, um daraus organisatorisch selbständig die politische Bühne als Akteur zu betreten (dazu später mehr) und eine Verwässerung desselbigen bzw. eine nicht genügend präzise Ausarbeitung den Start massiv erschweren kann.

 Am extremen Ende dieses Spektrums stehen die Libertären, die meinen, wir befänden uns sogar in einer DDR 2.0 oder EudSSR. Diese Strömung, als deren prominentester Kopf Markus Krall (Link zum konflikt-Lesekreis seines neuesten Buches) gelten darf, glaubt, dass nur die totale Privatisierung und Individualisierung der Gesellschaft uns vor »Fiatgeld-Kommunismus« und Great Reset retten könne. Für solche Dogmatiker kann rechte Kapitalismuskritik gar nicht existieren, weil sie per Definition »pseudointellektuelles Geschwafel« und böswilliger Kollektivismus sei – die lange Tradition der rechten Kapitalismuskritik ist ihnen selbstverständlich völlig unbekannt. Diese Libertären können gewissermaßen als bürgerlicher Gegenpol zu den tatsächlichen Marxisten betrachtet werden: Wie jene streben sie eine Utopie an, die von einem aufklärerischen Menschenbild abgeleitet ist, und wie jene beschwören sie zur Erreichung ihrer Utopie eine Form des Klassenkampfes, nur eben von oben – Diktatur der »Leistungsträger«.

Dazu: Markus Krall zählen wir zu den Autoren der liberalen Rechten, während die Libertären sich eher an Ayn Rand, Milton Friedmann und Murray Rothbard orientieren.

Hier gilt es aus rechter Perspektive zu differenzieren: Über Begriffe, Ursachen und Problemlagen lässt sich diskutieren – an die Kritik der Nationalliberalen können Neurechte durchaus anknüpfen, und es finden sich häufig gemeinsame Bezugspunkte.

Dazu: Nein. Ein Anknüpfen an die Kritik von Liberalen an den aktuellen Zuständen wäre die Missachtung eigener geleisteter Denkarbeit, die gerade im kapitalistischen System die Ursachen für die Verwerfungen (siehe oben) sieht. Revolutionäre und Reformisten können nur eine gewisse Zeit lang gemeinsame Sache machen, nämlich dann, wenn es einen gemeinsamen (äußeren) Feind gibt, wie die Geschichte deutlich zeigte. Da die aktuelle Feindbestimmung aber komplett unterschiedlich ausfällt, ist eine Zusammenarbeit  unmöglich.

Zugleich können wir mit Carl Schmitt festhalten, dass Liberalismus immer zu einem gewissen Grade apolitisch ist. Er kann informelle Macht nicht kongruent begreifen und einordnen, pflegt ein individualistisches Menschenbild und neigt dazu, bei den herrschenden Eliten um Anerkennung zu buhlen.

Dazu: Korrekt, warum sich dann aber die zermürbende Arbeit machen und den Versuch starten, bzw. weiterführen, mit Liberalen politisch zusammenzuarbeiten?

Die zentrale Frage im Umgang mit liberalen Positionen lautet stets, wie weit dieser apolitische Einschlag geht: Wenn Libertäre vom »Fiatgeld-Kommunismus« sprechen und behaupten, Bill Gates wäre Kommunist, können wir sie getrost ignorieren.

Dazu: Richtig, lieber eher als später!

Im Gegensatz dazu müssen wir jedoch solche Rechte, die nur zu einem gewissen Grade oder in explizit wirtschaftspolitischen Fragen zum Liberalismus tendieren, als Mitstreiter betrachten: Auch wenn sie häufig selbst lieber Angehörige des Establishments wären, stoßen sie dort doch negativ auf und werden daher in die Opposition gedrängt. Dies macht sie zu Dissidenten – wenn auch nur passiv.

Dazu: Nichts für ungut, aber das schreibt einer, der vor wenigen Tagen wegen seiner systemablehnenden Überzeugungen aus der größten Rechtspartei von den dortigen liberalen Meinungsführern, die „häufig selbst lieber Angehörige des Establishments wären“ (Neumann), aus der Partei gedrängt wurde?   Wenn es denn nur ein Tendieren wäre, dann würden auch wir gern sagen: „ja, da gibt es die Möglichkeit der Zusammenarbeit“. Leider aber zeigt sich gerade in den aktuellen internen Auseinandersetzungen, dass die Fronten absolut verhärtet sind.

Ausblick

Der Linke hingegen, welcher die gleiche Position wie jeder westliche Thinktank, jede Universität, jeder Großkonzern, die PR-Abteilung der NATO und der TV-Aktivist vertritt, ist kein Dissident. Seine Weltanschauung ist identisch mit dem Überbau der globalistischen Ordnung – wenn er das auch selbst nicht wahrhaben möchte. Sie dient als Legitimation für Wirtschaftsimperialismus und für Kriege im Namen der Menschenrechte. Die Sahra Wagenknechts dieser Welt sind einsame retro-linke Inseln, die im woken Meer noch nicht untergegangen sind.

Doch die progressive Welle wird auch sie früher oder später entweder mitreißen oder wegspülen. Für Retro-Linke gibt es somit keine Zukunft – es sei denn, sie wagen den entscheidenden Schritt und bekennen sich zu dem, was für tatsächliche soziale Gerechtigkeit notwendig ist: Der traditionelle Bezug auf das solidarische Familiengefüge sowie der geschlossene und nach außen begrenzte Territorialstaat, in welchem die Interessen der Arbeiter und Arbeitnehmer mit denen der Kapitalbesitzer ausgeglichen werden können, und die ethnokulturelle Identität als bindendes Glied. Doch das wird kein Linker mehr wagen, denn sonst würde er heute zu einem Rechten und damit zu einem gesellschaftlichen Außenseiter – und zum echten Rebell.

Damit liegt der Ball bei uns. Als Rechte mag man uns öffentlich diffamieren, von Dienstleistungen ausschließen, beruflich und digital vernichten. Doch wir sind es, die eine Alternative zum immer aggressiveren, totalitären und zusehend unausstehlichen Bestehenden darstellen. Wir haben keine Konzerne hinter uns, keine globalistischen Milliardäre, Medienmogule und geopolitischen Machtblöcke. Jedoch stehen wir für die Prinzipien der Wirklichkeit, ohne die kein Leben und keine Zivilisation denkbar ist. Dies meinen wir, wenn wir sagen: »Deutschland, aber normal.«

Ein Big Tech-Globalismus kann eine funktionierende »Menschheitszivilisation« vielleicht eine Zeit lang simulieren und den Eliten dieser Welt ein aufgeklärtes Ende der Geschichte vortäuschen – doch eine wirkliche Zukunft hat er nicht, ebenso wenig wie die Regenbogenlinke eine Zukunft jenseits der Scheinopposition hat.

Die Zukunft haben wir.

Quelle: https://konfliktmag.de/wo-steht-die-neue-rechte/

Abschließend: Neumann arbeitet im obigen Text korrekt das aktuelle Potential einer neuen volksverbundenen Bewegung heraus, die sich zu großen Teilen des traditionellen linken Politikbaukastensystem bedienen kann und sollte, weil die „Erben“ desselbigen bis auf Ausnahmen (Wagenknecht u.a.) von ihren ursprünglichen Positionen unwiederbringlich abgerückt sind. Im Kampf gegen das kapitalistische System liegt der Schlüssel zur Problemlösung, nicht im ergebnislosen Kritisieren der mannigfaltigen Auswüchse und der Schuldzuweisung an irgendwelche Bösewichte. Es ist in groben Zügen das von Drieu la Rochelle herbeigesehnte Ideal einer „linken Politik mit rechten Menschen“.

Leider überträgt er seine Ansichten auf das gesamte (neu)rechte politische Lager, welches jedoch diese Gedanken keineswegs in Gänze oder überhaupt teilt. Sein Hinausdrängen aus der AfD hätte ihm das eigentlich überdeutlich zeigen müssen.

Unserer Meinung nach wird auch der Versuch, Einfluss auf die Partei durch metapolitische Arbeit zu nehmen, nicht von Erfolg gekrönt sein. Die AfD ist eine in ihren Grundsätzen und vom Selbstverständnis her wirtschaftsliberale Partei, die auf den aktuellen Protestwellen gegen das Establishment surft (erst Anti-Euro-Politik, dann Anti-Massenmigration, aktuell gegen die Maßnahmenpolitik) – mehr nicht. Während alle Rechtsparteien in Europa (von Le Pens RN bis zur PiS in Polen) das unbestellte Feld der sozialen Frage für sich erkannt haben und, insofern in Regierungsverantwortung, erfolgreich und im Sinne des Volkes beackern, bleiben die dahingehende Versuche einiger ostdeutscher Landesverbände, nämlich der AfD ein solidarischeres Wirtschaftsprogramm zu verpassen, erfolglos. Ihr Einfluss ist schlicht zu gering.

Bleibt die Frage was tun? Wenn solidarisch-nationale Politik nur in den Schreibstuben lesenswerter Magazine und Internetseiten stattfindet, in den Organisationen der rechten Politik aber wie seit eh und je nur eine Minderheitenmeinung bleibt, dann sollten neue Wege beschritten werden: nämlich eigene Wege!

Eine organisatorische Abspaltung des volksverbunden-antikapitalistischen Widerstandes vom nationalliberalen Lager scheint uns der einzige Ausweg. Benedikt Kaiser zeigte in einem Beitrag über die politischen Verhältnisse des nationalen Lagers in den Niederlanden auf, dass so etwas durchaus erfolgreich ablaufen kann:

https://sezession.de/64102/sammelstelle-fuer-gedrucktes-11

Wenn wir eine Zukunft haben sollten, wie Neumann schreibt, dann nur, wenn sich die vielen kleinen lokalen Gruppen und die Denk- und Lesezirkel des antikapitalistisch-patriotischen Lagers eine gemeinsame politische Dachorganisation aufbauen, die gegen die liberale Front von AfD bis Linkspartei zu agieren im Stande ist. Mit Texten und Vorträgen allein, so gut durchdacht sie auch sind, läuft es sonst ins Leere.

Metapolitisch ist der Wirkungsrahmen gesetzt und dieser wird professionell bearbeitet. Es mangelt an der Organisation, die sich dem Aufbau des solidarischen Nationalstaates annimmt, an klugen Köpfen, die diese führen und prägen könnten, hingegen nicht.  Und das politische Vakuum, welches durch die fast hundertprozentige Hinwendung der Linken zum Liberalismus entstanden ist, wartet nur darauf gefüllt zu werden.  

Bild: Marvin T.Neumann

2 Kommentare zu „Den solidarischen Nationalstaat erkämpfen.

  1. Interessanter Artikel und vielversprechender Autor. Auch die Zwischenkommentare haben mein Interesse geweckt.
    Wie der Zwischenkommentator richtig ausführt, sind die sozialrevolutionären Kräfte innerhalb der Rechten kleine Minderheiten. Beim Höcke-Flügel handelt es sich gerade noch um soziale Marktwirtschaft. Die AfD möchte die Wiedereinführung der Vermögensteuer verhindern, die Erbschaftsteuer ganz abschaffen und auch – soweit richtig – die Steuern für die kleinen Leute senken. Das ist Demagogie. Wie ist das finanzierbar? Aber ja, die Ausländer und das Ausland kosten uns viel Geld. Aber das ist kapitalbedingt. Wer also in der Steuerpolitik (und beim Eigentum) auf die Reichen Rücksicht nehmen möchte, wird am Ende auch gegenüber der Ausländerpolitik und gegenüber dem Ausland Rücksicht nehmen. Da sind andere Rechtspopulisten außerhalb Deutschlands schon weiter.
    Die NPD fordert die Vermögensteuer und Erhöhung der Erbschaftsteuer. Soweit Lobenswert. Spielt aber in der Öffentlichkeitsarbeit (Demos, Werbung usw.) kaum eine Rolle. Derweil schwadroniert der KV Heilbronn vom produzierenden Kapital, das keine Vermögensteuer zahlen soll .. Alles schon mal dagewesen, bei der N-Partei mit fünf Buchstaben – anstatt nur drei -, schaffendes und raffendes Kapital.
    Selbst Kleingruppen wie die SdV haben Befürworter der ausschließlich sozialen Marktwirtschaft unter ihren Kadern, Teilnehmern und Sympathisanten. Bei A & E ist das wahrscheinlich ähnlich. Dann gibt es noch die Trennung von angeblich salonfähigen NR -lern gegenüber AR-lern. Wer im VS-Bericht steht, wer nicht, oder wer sich wie von Waldstein die Finger wund tippt, um wieder rauszukommen …
    Zu stellen wäre auch die Frage nach den Betätigungsfeldern. Richtig, mit Bücher, Artikel und Kommentare – wie den vorliegenden – schreiben, bricht noch kein Revolution aus. Von brechend vollen Hinterzimmern aus wird keine Regierungmacht ausgehen.
    Das Volk draußen nimmt „Opposition“ nur ab der Schwelle Landtag wahr. Höcke ist demnach eine, soll eine sein, wer sich nur im Hinterzimmer unterhält und sich gegenseitig zuprostet, kaum.
    Was tun? – Demos. Richtig. Laufen sich aber auch schnell tot. Eigene Gewerkschaften, Betriebsräte, Umweltbewegungen, eigene Kindergärten, Schulen, eigene Konsumvereine ???

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  2. Ergänzung:

    Hinzu kommt, daß es doch für die eigene Machtgeilheit viel schöner ist, Führer einer Kleingruppe zu sein, als nur Unterführer oder Mannschaftspieler in einem größeren Zusammenhang.

    Oben habe ich die NR nur kurz erwähnt. Kaiser vertritt immerhin ein abgespecktes sozialrevolutionäres Programm, das für AfD-Verhältnisse eben gerade noch diskutabel ist. Das wird aber von Kubitschek nur toleriert, die Mehrheitsposition der NR wird Kaiser nicht haben. Das wird auch deutlich, wenn er seine Debatten mit Felix Menzel in seinem Buch „Solidarischer Patriotismus“ zitiert.

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